Alles Alge?! Wissen zur vielseitigen Meerespflanze in Nord- und Ostsee

Die einen sind so klein, dass sie mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen sind, die anderen können über 40 Meter lang werden. Manche werden aufgrund ihrer vorteilhaften Inhaltsstoffe in Kosmetik, Nahrungsmittelproduktion und Medizin eingesetzt, andere stellen, vor allem dann, wenn sie sich massenhaft vermehren, eine Gefahr für Mensch und Tier dar. In diesem Beitrag dreht sich alles um vielseitige und unterschätzte Meerespflanzen: die Algen.

Doch bevor wir loslegen, ist eines wichtig: Es gibt nicht die eine Alge. Allein in der deutschen Nord- und Ostsee haben sich 365 Groß-Algenarten (Makroalgen, also mit dem bloßen Auge erkennbar und mehrzellig) etabliert, dazu kommen unzählige weitere kleine Algenarten (Mikroalgen). Mikroalgen kommen überall auf der Welt vor, im Meer und im Süßwasser bilden sie das winzig kleine Phytoplankton.

Algen können grün, braun oder rot sein, denn sie nutzen unterschiedliche Stoffe für die Fotosynthese (also die Umwandlung von Sonnenlicht und anorganischen Stoffen in organische Stoffe).

Um an Sonnenlicht zu gelangen, wachsen Algen grundsätzlich in den lichtdurchfluteten Bereichen unserer Gewässer. Während viele Mikroalgen frei im Wasser treiben, wachsen Großalgen am Meeresgrund, an Felsen oder auf anderen Pflanzen. Anders als Seegras haben die Großalgen keine echten Wurzeln, sondern heften sich mit ihrem Thallus an den genannten Oberflächen fest. Sie befinden sich in Zonen nahe am Land, in denen trotzdem noch viel Licht ankommt und bilden manchmal Tangwälder, die je nach Algenart bis zu 15 Meter hoch sein können.  Dort stellen sie einen wichtigen Lebenraum und Brutstätte für viele Tierarten dar und leisten einen Beitrag zum Küstenschutz.

Auf Instagram haben wir in der Woche vom 19. bis zum 25. September viele Infos zu verschiedenen Algenarten mit euch geteilt. Hier erscheint nun der zusammenfassende Artikel, damit ihr alles nochmal gebündelt nachlesen könnt. Viel Spaß dabei!

Es grünt so grün… grün, weil Grünalgen wie Landpflanzen Chlorophyll für die Fotosynthese nutzen. Es gibt weltweit mehr als 7000 Grünalgen-Arten – in jeder möglichen Größe, als Einzeller und auch als Großalge, im Süß- wie auch im Salzwasser. Und außerdem werden Grünalgen gezüchtet und erforscht.


Seetang als Delikatesse? Ja, manche Algen kann man essen, so auch den Meersalat. Der Name ist tatsächlich passend, da die Alge im Aussehen Blattsalaten ähnelt. Genutzt wird der Meersalat vielfältig: als Salat, in Teigwaren oder als Tierfutter.

Eine andere Grünalge ist der Darmtang, von dem es zahlreiche Unterarten gibt.

Der Name kommt von dem mit Gas gefüllten Innenraum der Algenschläuche, aufgrund derer diese nach oben in Richtung des Lichts treiben. Diese Algenart ist ein echter Überlebenskünstler. Egal ob Trockenstress bei Ebbe, Hitze, Kälte, süßes oder salziges Wasser: Der Darmtang lässt sich nicht unterkriegen.

Ein Ausflug ins Süßwasser: Chlorella zählt zu den Mikroalgen und ist berühmt! Denn an ihr wurde die Fotosynthese erforscht. Heute gibt es auch in Deutschland eine Chlorella-Zuchtanlage, denn dieser Einzeller wird industriell für Lebensmittel, als Nahrungsergänzungsmittel sowie in der Kosmetik genutzt.

Taucht unter und besucht mit uns beeindruckende Unterwasserwälder. Braunalgen können, wie die vorgestellten Grünalgen auch, ein Unterwasserparadies bilden.

Doch vorab: Warum ist die Braunalge braun? Alle Algen, egal welcher Farbgruppe sie angehören, enthalten Chlorophyll. Doch Braunalgen enthalten zusätzlich auch Fucoxanthin und dieser Farbstoff überdeckt das Chlorophyll, weshalb die Braunalgen braun sind.

Zu den Braunalgen gehört unter anderem der Blasentang, die bekannteste Großalge in deutschen Meeren. Leider ist sein Bestand jedoch rückläufig. Die runden Blasen an den Blättern verleihen dem Tang auftrieb. Die Blasen an den Spitzen dienen aber der Fortpflanzung und sind nicht mit Luft gefüllt. Verwendung findet die Algenart beispielsweise als Heilmittel.

Eine weitere häufig vorkommende Braunalge ist der Sägetang, der ein Stück größer ist als der Blasentang. Es ist leicht zu erkennen, dass er seinen Namen von den zackigen Umrissen seiner Blätter hat. Seine Inhaltsstoffe werden unter anderem in der Kosmetik verwendet.

Besonders beeindruckend sind die meterlangen Thalli des Zuckertangs, der tatsächlich süßlich schmeckt und auch als Nahrung genutzt wird.

Wer schon einmal durch solch einen Unterwasserwald aus Blasen-, Säge- oder Zuckertang getaucht ist, war bestimmt verzaubert und versteht, welch große Bedeutung diese Tange für die Lebewesen unter Wasser darstellen. Hier legen nicht nur unzählige Tierarten ihre Eier ab, hier verstecken sich auch hunderte Jungtiere und Fische vor ihren Fressfeinden. Viele Arten, ob Vegetarier oder Jäger, gehen hier auf Nahrungssuche. Doch die einzigartigen Lebensräume sind bedroht: Steine, die den festen Untergrund für diese Pflanzen bilden, wurden entfernt. Überdüngung sorgt für ein übermäßiges Wachstum von Kleinalgen, die den Großalgen das Licht nehmen.

Nun beweisen wir endgültig, wie bunt und vielfältig Seetang sein kann! Und zwar mit den Rotalgen, die ebenfalls in Nord- und Ostsee zu finden sind.

Woher stammt das Rot dieser Algen? Neben Chlorophyll besitzen diese Arten vor allem Phycoerythrin, welches verantwortlich für die rote Farbe ist, aber auch blaues Phycocyanin und Carotinoide – diese Algen können also viele Farbtöne im Rotbereich aufweisen.

Zu den Rotalgen gehört beispielsweise der Kammtang mit seinen kammartig verzweigten Ästen. Die Algenart kommt vorrangig in der Nordsee vor, denn sie liebt stärkere Strömungen. Es gibt sie jedoch auch in der Ostsee. Der Kammtang wächst nicht nur auf Felsen, sondern auch auf anderen Großalgen. Er findet Verwendung in der Herstellung von Agar-Agar, einer Alternative zu tierischer Gelatine.

Und schon vor langer Zeit hatte man im Römischen Reich für den Kammtang Verwendung: der rote Farbstoff wurde in Kosmetikartikeln genutzt.

Eine weitere Rotalge ist der Blutrote Meerampfer. Seine knallig gefärbten Blätter weisen feine Verzweigungen auf. Zu den Verwendungsmöglichkeiten der wertvollen Inhaltsstoffe dieser Algenart wurde an der Universität Kiel geforscht. Bestandteile der Pflanze könnten in der Kosmetikindustrie verwendet werden.

Quelle Bild: Griensteidl, CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons // „Alge Düne1“ // Original: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Alge_D%C3%BCne1.jpg

Andere Rotalgen-Arten sind der Faltentang, das Wurmblatt und die Zierliche Seefeder. Was ihnen gemeinsam ist? Sie faszinieren alle nicht nur mit ihrer Farbe, sondern auch mit ihren unterschiedlichen Formen, die die Unterwasserwelt in ein buntes Paradies verwandeln.

Mit der letzten Kategorie an Algen, die wir vorstellen, werden wir noch etwas ausgefallener: Mikroalgen, die im Meer zum Phytoplankton gehören, sind für das menschliche Auge unsichtbar. Zu ihnen gehören beispielsweise die Kieselalgen, die erst unter dem Mikroskop ihre wunderschönen Zellhüllen aus Siliziumdioxid offenbaren und faszinierende Formen bilden.

Mikroalgen als Teil des Phytoplanktons sind von zentraler Bedeutung für das marine Ökosystem, denn sie stellen die erste Stufe der Nahrungskette dar. Kleine Planktontiere (Zooplankton) ernähren sich vom Phytoplankton.

Das Zooplankton wird dann von größeren Meerestieren gefressen und so setzt sich die Nahrungskette weiter fort. Ohne Phytoplankton geht also gar nichts im Meer!

Die Mikroalgen haben außerdem den Vorteil, außerordentlich viel CO2 zu binden und große Mengen an Sauerstoff zu liefern. 70 Prozent des Sauerstoffs in unserer Atmosphäre stammen aus dem Ozean – mehr als jeden 2. Atemzug verdanken wir also Meeresalgen!
Vermehren sie sich in großem Maße, kann das jedoch eine Gefahr für Tier- und Menschenwelt bedeuten. So treibt beispielsweise die Überdüngung der Meere das Algenwachstum voran. Tote Algen werden von Bakterien abgebaut und entziehen dem Wasser Sauerstoff, sodass sich sogenannte Todeszonen bilden, in denen kaum mehr Leben möglich ist.

Ach übrigens: „Blaualgen“ sind keine Algen, sondern Cyanobakterien. Diese sind aber besonders, denn sie können wie Pflanzen ebenfalls Fotosynthese betreiben. Sie sind häufig Verursacher großer „Algenblüten“, die für Mensch und Tier gefährlich sein können, da einige diese Bakterien Gifte produzieren und freisetzen.

Was hat denn der Ocean Summit mit Rezepten zu tun? Nun wir direkt nichts – aber Algen sehr wohl! Und das Team von meeresgarten (oceanBASIS) aus Kiel ebenso.

Während wir Euch etwas über die faszinierende Schönheit und die bedeutenden ökologischen Funktionen von Algen erzählt haben, haben wir anklingen lassen, dass Algen immer mehr auch als Lebensmittel wahrgenommen und eingesetzt werden. Die Potenziale sind sicherlich noch nicht erschöpft, eines aber ist schon lange klar: Viele Algen sind essbar und bieten ein ganz neues Geschmacksfeld, für Menschen die nach alternativen Lebensmitteln suchen.

Um Euch hierfür etwas zu inspirieren, dürfen wir Euch hier drei Rezept-Bilder aus der „Algenküche“ unserer Partner*innen von meeresgarten zeigen. Vielleicht ist ja etwas für ein kleines, maritim-kreatives Festessen am kommenden Wochenende dabei?

Unter diesem Link findet Ihr die Rezepte zu den gezeigten sowie weiteren Gerichten und viel Hintergrundwissen.

Klickt gerne auf die Bilder, um auf den Geschmack zu kommen!

*Dulse: „Dulse gehört wie Nori auch zu den Rotalgen und wird wissenschaftlich Palmaria palmata genannt. Die Alge wächst im gesamten Nordatlantik in der Gezeitenzone, d. h. auf Felsen, die bei Ebbe trockenfallen. Wenn man durch das Felswatt wandert, erkennt man sie leicht an ihrer leuchtend roten Farbe.“

**Kombu = „Kombu wird auf Deutsch auch Zuckertang genannt und heißt wissenschaftlich Saccharina latissima. Diese wunderschöne Alge besteht aus einem langen gewellten Blatt, das auf einem kräftigen Stiel sitzt, der die Alge mithilfe einer Haftkralle am Meeresboden verankert. Kombu gehört wie die Meeresspaghetti zu den Braunalgen und kommt entlang der europäischen Atlantikküste und auch in der westlichen Ostsee vor. In Deutschland wächst Kombu z.B. auf Helgoland, aber auch bei uns vor der Haustür in der Kieler Förde.“ (Quelle: Meeresgarten)