Ein Leben für den Ozean: Autoren Chris Weigand und Florian Sturm im Interview
Liebe Meeresfans, aufgepast: Im Juni 2023 erschien mit „Ein Leben für den Ozean – 10 Geschichten über die Helden der Meere“ der Autoren Christian Weigand und Florian Sturm eine ganz besonderes Meeresbuch. Lernt die Beiden im folgenden Interview etwas näher kennen und blickt mit ihnen hinter die Entstehungsgeschichte des Buches. Im zweiten Teil dieses Beitrages berichtet Euch außerdem Ocean Summit Praktikant Maxim, was ihm persönlich besonders gut an „Ein Leben für den Ozean“ gefällt. Doch nun erstmal zu Florian und Chris.
Lieber Florian, lieber Chris, bitte stellt Euch einmal kurz den Leser*innen vor!
Florian Sturm: Ich arbeite seit vielen Jahren als freier Journalist für nationale und internationale Magazine, vom kleinen Straßenmagazin in Österreich oder Kulturmagazinen in Deutschland bis hin zu Stern und Focus, dem BBC Wildlife Magazin und dem Guardian in Großbritannien oder National Geographic in den USA. In den letzten Jahren beschäftige ich mich immer häufiger mit Wissenschafts- und vor allem Meeres- und Umweltschutzthemen. Außerdem moderiere ich einen Podcast, gebe Workshops an Journalistenschulen, forsche zu ökologisch nachhaltiger Medienproduktion und habe, gemeinsam mit Chris, das Buch Ein Leben für den Ozean geschrieben.
Christian Weigand: Ich bin Keynote-Speaker, Moderator und Autor. Als Umwelt- und Ressourcen-Ökonom habe ich an der Uni Kiel zum Zustand der Meere geforscht und gemerkt: Obwohl alle um die Lage wissen, geht es den Ozeanen immer schlechter. Darum gründete ich 2018 die Meeresschutz-Organisation “Blue Awareness“. Seitdem halte ich Vorträge an Unternehmen, Veranstaltungen und Schulen, in denen ich mein Publikum vom Wissen ins Handeln bringe. Seit Anfang 2021 produziere und moderiere ich den Podcast “Helden der Meere“. Darin spreche ich mit namenhaften Persönlichkeiten über ihre Abenteuer in den Ozeanen.
Wie und wann wurden Eure Liebe und Faszination zum Meer geweckt?
Chris: Ich erinnere mich noch genau an einen Tag in Australien. Ich wurde von einem Bekannten, der mir das Surfen beigebracht hat, geweckt. Es war noch mitten in der Nacht. Wir gingen noch in der Dunkelheit an den Strand und waren vor Sonnenaufgang dort – und den Massen an Surfern, die sich dort tagsüber tummeln. Als wir rauspaddelten, kletterte die Sonne über den Horizont und ich erkannte in allen Wellen, die auf mich zurollten, Fische, die darin schwammen. Auch als ich selbst auf diesen Wellen ritt, schwammen rund um mich herum unzählige Fische. Danach war klar: Ich will so viel Zeit wie möglich im Wasser und vor allem auf den Wellen verbringen…
Florian Sturm: Bei mir geschah das, vermutlich unbewusst, schon während meiner Kindheit, durch Urlaube an der Ostsee oder dem Mittelmeer. Mit Schnorchel und Taucherbrille durch das glasklare Wasser der Adria zu gleiten, dabei Fische, Seesterne und Korallen zu sehen, daran erinnere ich mich bis heute. Mit Anfang 20 absolvierte ich einen Gerätetauchschein und könnte dieses faszinierende Universum unter der Wasseroberfläche dadurch noch intensiver erkunden. Da überrascht es mich rückblickend kaum, dass ich etliche Jahre später begann, mich in meinen Reportagen vermehrt dem Ozean und seinem Schutz zu widmen. Inzwischen habe ich auch auch das Apnoetauchen erlernt – ein noch mal intensiveres und direkteres Erleben der Unterwasserwelt.
Wie und wann entstand die Idee zu Eurem gemeinsamen Buch „Ein Leben für den Ozean“?
Florian Sturm: Im Januar 2021 habe durch einen gemeinsamen Freund, den Haiforscher und Meeresbiologen Lukas Müller, den Helden-der-Meere-Podcast von Chris kennengelernt. Lukas war dort zu Gast und hat über seine Arbeit gesprochen. Daraufhin hörte ich jede weitere Folge und begann irgendwann, mit Chris im Nachgang über die Episoden zu sprechen. Einige Monate später sagte ich Chris – völlig ohne Hintergedanken -, dass ich das, was er als Podcast macht, schon länger in Buchform realisieren möchte.
Chris: …und ich habe Flo dann gesagt, dass ich meine Podcast-Geschichten ursprünglich auch als Buch umsetzen wollte. Nur hatte ich nie gelernt, professionell Geschichten aufzuschreiben. Nach kurzem Hin und Her entschieden wir dann, dieses “Abenteuer Buchproduktion” anzugehen.
Welche der Geschichten in Eurem war für Euch persönlich besonders spannend?
Florian: Bei der Vielfalt der Geschichten eine Lieblingsstory herauszupicken, ist ziemlich schwer und undankbar. :-) Mit Uli Kunz in Hamburg nachts auf der Alster zu paddeln und diesen urbanen Raum einmal völlig anders zu erleben, war unglaublich spannend. Auch mit den Lahntauchern als Apnoetaucher hunderte Kilogramm Müll aus der Lahn zu holen, werde ich nie vergessen – und hoffentlich noch ganz häufig wiederholen.
Chris: Auch mir fällt es schwer, eine Geschichte hervorzuheben. Karen und Jürgen von dem Tiefsee-Tauchboot JAGO zu treffen war unglaublich eindrucksvoll. Sie waren an mehr unbekannten Orten, als irgendjemand anderes, von dem ich je gehört habe. Auch Personen wie der Extremschwimmer André Wiersig faszinieren mich zutiefst mit ihren Leistungen, die für mich einfach unglaublich erscheinen. Aber auch die emotionale Geschichte von Maggy Gschnitzter berührt mich tief. Ich bin immer wieder aufs Neue davon überwältigt, wie Maggy der Hoffnung treu bleibt – und das zeigt mir selbst: Wir müssen weiter positiv bleiben und zusammen an das Gute glauben – und uns dafür einsetzen.
Wie lange habt Ihr an dem Buch gearbeitet und was waren Besondere Herausforderungen für die Umsetzung eines Buchprojektes?
Florian Sturm: Von der Entscheidung “ja, wir machen das” bis zum Versand der ersten Vorbestellungen vergingen etwas mehr als eineinhalb Jahre, in denen wir beide und unsere Illustratorin Maria Herzog und unser Art-Director Stefan Klöpper phasenweise kaum etwas anderes gemacht haben, als an dem Buch zu arbeiten. Herausforderungen gab es viele. Insbesondere, weil wir uns entschieden haben, das Buch im Eigenverlag herauszubringen – um das Buch wirklich zu unserem Buch zu machen. Was es aber heißt, ein Buch von A bis Z zu produzieren, mit all den bürokratischen Hürden, der Organisation des Drucks, der Sicherstellung der Finanzierung bis hin zu vielen kleinen Kniffen, um “Ein Leben für den Ozean” auch für den Buchhandel bestellbar und attraktiv zu machen, davon hatten wir anfangs keine Ahnung. Und das war auch ganz gut so :-)
Was habt Ihr jetzt vor? Startet Ihr direkt mit der Arbeit an „Edition 2“ oder geht es erstmal in eine andere Richtung?
Chris: Momentan arbeiten wir auf vielen Ebenen weiter: Wir wollen “Ein Leben für den Ozean” noch bekannter machen und ihn möglichst viele Regale bringen. Wir bereiten gerade den Druck der zweiten Auflage vor, organisieren einige Lesungen sowie Weihnachtspakete für interessierte Firmen – und planen, du hast es schon gesagt, auch schon die “Edition 2”. Aber alles zu seiner Zeit.
In der 1. Edition lag der Fokus auf Nordsee, Ostsee und dem Nordatlantik. Dürfen wir schon erfahren, auf welche Gewässer Ihr es in der 2. Ausgabe von „Ein Leben für den Ozean“ abgesehen habt und welchen Menschen wir dort begegnen werden?
Florian: Wir werden vermutlich in Europa bleiben. Das hat mehrere Gründe: Einerseits möchten wir die Produktion – wie auch bei Edition 1 – so nachhaltig wie möglich gestalten. Das ist in Europa wesentlich leichter, als würden wir uns der Südsee widmen. Obwohl es dort zweifelsohne auch spannende Geschichten gibt. Die geografische Nähe ist nicht nur umweltschonender, sondern macht die Produktion
der Geschichten auch etwas günstiger. Daran müssen wir als Eigenverlag natürlich auch denken.
Chris: Der Mix der Protagonist*innen steht noch nicht fest. Dafür sind wir noch zu früh in der Planung. Allerdings möchten wir erneut eine große Bandbreite im Buch versammeln. Und, das ist uns ganz wichtig: Eine mögliche zweite Edition wird mit neuen Elementen daherkommen, die das Buch wieder zu etwas ganz Besonderem machen.
Was gibt Euch Hoffnung, daran zu glauben, dass sich etwas im Bezug auf Klimaschutz und Meeresschutz ändern wird?
Florian: Das Bewusstsein für die Dringlichkeit zum Schutz unserer Ozeane – und damit auch des Klimas – wächst in der gesamten Gesellschaft jeden Tag. Vor allem in der jüngeren Generation und in der Wissenschaft, das erlebe ich in meiner Arbeit immer wieder, gibt es so viele Menschen, die sich auf verschiedensten Wegen für unsere Meere einsetzen oder individuelle Verhaltensweisen ändern. Die Einen tun das proaktiv und aus freien Stücken, andere wiederum erst, wenn die Not und eigene Betroffenheit besonders groß sind. Oder, wenn die Politik durch Verbote und Regularien eingreift. Und davon, denke ich, brauchen wir an bestimmten Stellen deutlich mehr.
Chris: Was wir oft übersehen: Es hat sich schon sehr viel geändert. Wenn wir fünf, zehn oder zwanzig Jahre zurückblicken, dann war die Welt noch eine ganz andere: Vegetarisch essen? Völlig verrückt. Freitags für Klimademos die Schule schwänzen? Absolut undenkbar. Heute ist das normal und wird sogar von der Mehrheit begrüßt. Dass sich etwas tut, daran habe ich keinen Zweifel. Natürlich geht es auch mir nicht schnell genug. Aber genau darum versuche ich mit meiner Arbeit – beispielsweise mit meinem Podcast oder unserem Buch – diese Themen auf unterhaltsame Art und Weise in den Mainstream zu tragen.
Vielen Dank für das Interview Ihr Beiden!
Ein Interview von Maxim, Praktikant beim Ocean Summit
Das Team hinter „Ein Leben für den Ozean“
Christian Weigand ist leidenschaftlicher Surfer. Auf einer Welle mit dem Ozean zu verschmelzen ist für ihn das Größte im Leben. Chris begeistert als Speaker für den Ozean – an Schulen, Unternehmen und Abendveranstaltungen. Er ist Gründer des Blue Awareness e.V. und Moderator des Podcasts „Helden der Meere“. Dort interviewt er Menschen, die ihn für das Abenteuer Ozean begeistern.
Florian Sturm liebt es als Apnoetaucher den Ozean zu erkunden und begegnet dabei auch schonmal einem riesigen Pottwal. Als freier Journalist nimmt er euch mit an und in den Ozean: in Form von Reportagen, Porträts und Interviews. Seine Beiträge findet ihr zahlreichen Magazinen und Zeitungen – vom Stern über The Guardian und BBC bis hin zum Greenpeace Magazin und National Geographic.
Maria Herzog ist rund um die Uhr kreativ: Als selbstständige Fotografin und Illustratorin mit Wohnort nahe der Ostseeküste bieten sich ihr jede Menge Motive. Ihre Faszination für die Meere, besonders für deren Lebewesen, bringt sie auf diese Weise auf Papier und begeistert über Social Media auch andere Menschen vom tiefen Blau des Ozeans.
Stefan Klöpper erkundet das Meer auf seinen Reisen und als Surfer. Jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Design und Druck nutzt er jetzt für eigene Projekte in seinem Studio Estevão. Für „Ein Leben für den Ozean“ hat er das Design kreiert sowie den kompletten Druck geplant und organisiert.
Florian Sturm & Christian Weigand
Ein Leben für den Ozean.
10 Geschichten über die Helden der Meere
Hardcover
200 Seiten mit über 100 Farbfotos
Deutsch
19,5 x 24,5 cm
Gewicht: 890 Gramm
ISBN: 978-3-00-075201-8
29,95 Euro (D) | 30,80 Euro (AT)
Juni 2023
www.ein-leben-fuer-den-ozean.de
Ein Leben für den Ozean – vielleicht dein Leben?
Was ist denn eigentlich los unter der Wasseroberfläche? Das Meer, selbst unsere Nachbarmeere Nord-und Ostsee, kommen im alltäglichen Leben oft viel zu kurz. Dabei sollten wir uns um sie kümmern. Vielleicht habt ihr sogar Interesse am Meer, könnt euch aber nicht vorstellen in unendliche komplexe Forschungsergebnisse und hundertseitige Berichte hineinzuarbeiten. Genau für diesen Fall gibt es das Buch „Ein Leben für den Ozean“.
„Ein Leben für den Ozean“ist für mich eine Nahaufnahme der aktuellen Ereignisse in den Deutschen Gewässern und ein wenig darüber hinaus, allerdings in Form von zehn Geschichten, statt als wissenschaftliche Studie. Florian Sturm und Christian Weigand haben sich gemeinsam das erste Mal diesem Abenteuer gewidmet und innerhalb von eineinhalb Jahren ein großartiges Buch geschrieben, mit zehn sehr unterschiedlichen Kapiteln, die trotzdem im Meer zusammen kommen. Der Handlungsrahmen is auf die Ostsee, Nordsee und den Nordatlantik begrenzt. Deshalb liegt der Fokus natürlich auch auf hemischen Missionen, die Meere zu schützen. Dem einen oder anderen dürften Namen wie Uli Kunz oder die Nichtregierungsorganisation Sea Sheperd, bereits bekannt sein. Diese und andere haben ein Platz in der 1. Edition von „Ein Leben für den Ozean“ bekommen.
Die Interviews und Portraits der einzelnen Akteure sind verständlich geschrieben und ansprechend gestaltet, dank der illustratorischen Arbeit von Maria Herzog sowie einer Vielzahl von beeindruckenden Bilder verschiedener Fotograf*innen, deren phänomenale Aufnahmen die Geschichten nochmals verstärken.
Ich möchte nicht zu viel vorwegnehmen, aber als angehender Biologiestudent in Kiel war ich besonders begeistert von Jürgen Schauers und Karen Hissmanns Geschichten von der JAGO, einem bemanntem Forschungstauchboot, das, obwohl noch völlig funktionstüchtig, im Jahr 2020 seinen Weg in den Ruhestand am GEOMAR gefunden hat.
Ein Buch wie es „Ein Leben für den Ozean“ verändert natürlich nicht die ganze Welt. Es ist trotzdem ein nicht unerheblicher Beitrag dazu, die Dinge neu zu visualisieren und darauf aufmerksam zu machen was geschehen muss, damit sich etwas zum Besseren verändert. Während der Produktion wurde besonders auf die Nachhaltigkeit geachtet, nicht nur bei der Auswahl der Geschichten, sondern auch bei der Gestaltung.
Auch der Podcast „Helden der Meere“ von Christian Weigand bietet die Gelegenheit durch Zuhören mehr über das Meer zu erfahren. Eine große Empfehlung für alle angehenden Meeresschützer*innen, Meeresforscher*innen und alle Menschen mit Interesse an der Nord-und Ostsee.
Ein Text von Maxim, Ocean Summit Praktikant im August / September 2023