SEA CITIES SH: Willkommen und Velkommen in Flensburg
In der Reihe „SEA CITIES SH“ werden wir euch in den kommenden Monaten Städte vorstellen, die das Potenzial und die Chance haben, sich wie Kiel von einer Stadt am Meer zu einer Meeresschutzstadt zu entwickeln.
Wenn es um den Schutz unserer Ozeane geht, hat jede Region ihre ganz eigenen Herausforderungen und Besonderheiten. Und genau deshalb lohnt es sich, einen Blick auf die Flensburger Förde zu werfen. In diesem Artikel erfahrt ihr alles über die spannenden Initiativen und engagierten Beteiligten, die sich bereits vor Ort für den Schutz der Förde einsetzen. Aber das ist erst der Anfang! Denn jetzt wird es Zeit, gemeinsam Fahrt aufzunehmen und noch mehr Menschen zu mobilisieren, um unsere Meere nachhaltig zu schützen.
Die Stadt Flensburg
Die Hafenstadt Flensburg ist die nördlichste Stadt Deutschlands und liegt am Ende der Flensburger Förde, die mit der Kupfermühlenbucht gleichzeitig den westlichsten Punkt der Ostsee markiert.
Neben den geografischen Rekorden hat die Stadt auch eine reiche historische Vergangenheit aufzuweisen, die durch den Handel mit Rum im 18. Jahrhundert geprägt wurde.
Schon gewusst? Tatsächlich war Flensburg einer der bedeutendsten Handelshäfen für Schiffe der Dänisch-Westindien-Flotte und zahlreiche Rumhäuser zeugen noch heute von diesem, für Flensburg, goldenen Zeitalter. Im Schifffahrtsmuseum am Hafen kannst du mehr über die aufgearbeitete Kolonialgeschichte erfahren.
Heutzutage ist Flensburg eine pulsierende Stadt, die von etwa 90.000 Menschen bewohnt wird, darunter auch rund 10.000 Studierende. Die Stadt ist geprägt von einer jungen und dynamischen Atmosphäre, die durch einen regen Grenztourismus noch lebendiger wird, was unter anderem daran liegt, dass die dänische Grenze nur wenige Kilometer vom Stadtkern entfernt ist.
In ca. 800 Jahren entwickelte sich Flensburg von einer dänischen Siedlung zur wohl hyggeligsten Stadt Norddeutschlands, die die BesucherInnen mit ihrem skandinavischen Flair verzaubert. Flensburg ist ein Ort, der sowohl Reisende als auch Einheimische gleichermaßen begeistert.
Die Stadt bietet zahlreiche Highlights, die es zu entdecken gilt. Dazu gehören der historische Hafen sowie die vielen charmanten Cafés und Restaurants rund um die Norderstraße. Der Oluf-Samson-Gang, ein enges Gässchen mit bunten Häusern und historischem Kopfsteinpflaster, vermittelt das Gefühl, in eine andere Zeit einzutauchen.
Nicht zu vergessen sind auch die wunderbaren Strände der Flensburger Förde, die sich in unmittelbarer Nähe zur Stadt befinden. Die landschaftliche Schönheit der Umgebung zieht jedes Jahr Tausende von BesucherInnen an, die die Natur genießen möchten. Ob du also historische Stätten besuchen, skandinavische Atmosphäre erleben oder einfach nur die Natur genießen möchtest, Flensburg hat für alle etwas zu bieten.
Flensburger Förde
Die Flensburger Förde ist ein einzigartiges Gewässer, das sich über eine Strecke von etwa 50 Kilometern erstreckt. Bemerkenswert ist die besondere geografische Lage der Förde, da die deutsch-dänische Grenze durch die Mitte des Gewässers verläuft. Dies bietet sowohl Chancen zur Begegnung und internationalen Verbindung als auch einige Herausforderungen.
Eines der größten Hindernisse besteht darin, dass für den Schutz des empfindlichen Ökosystems der Flensburger Förde zwei Staaten verantwortlich sind. Dies erfordert eine besondere Art der Kommunikation und Zusammenarbeit, um sicherzustellen, dass die Umwelt der Förde nachhaltig geschützt wird, denn die Förde ist ein wichtiger Lebensraum für viele Tier- und Pflanzenarten in der Region.
Trotz der Herausforderungen bietet die Grenzteilung der Förde auch viele Möglichkeiten der grenzübergreifenden Zusammenarbeit. Durch sie können innovative Lösungen gefunden und gemeinsam beispielhaft umgesetzt werden, um die Umwelt zu schützen und die Förde für zukünftige Generationen zu erhalten.
Gesundheitszustand der Flensburger Förde ist dramatisch
Bad News: Leider ist die Flensburger Förde, wie die gesamte Ostsee, von einem Problem betroffen, das seit Jahrzehnten besteht – einem zu hohen Eintrag von Nährstoffen, der zu einer Überdüngung führt. Durch biologische Abbauprozesse entstehen Sauerstoffminimumzonen. Kurz gesagt: den vielen Lebewesen in der Förde geht die Luft aus. Hier erfahrt ihr mehr zu dem Thema.
Die Überdüngung ist ein großes Problem, das in Flensburg durch die besondere verwinkelte Lage der Förde verstärkt wird. Der Frischwasseraustausch gestaltet sich hier äußerst kompliziert und erfolgt nur bei besonders starken Winden aus östlicher Richtung.
Auch die Miesmuschelfischerei sorgt in der Flensburger Förde für große Konflikte. Die Schleppkörbe der Fischerboote zerstören den Lebensraum am Meeresboden massiv, was zu einem großen Verlust der Artenvielfalt führt. Diese Belastung ist ein weiteres besorgniserregendes Problem, von dem viele Menschen an der Wasseroberfläche nichts mitbekommen.
Allerdings gibt es auch positive Entwicklungen. Auf der deutschen Seite der Flensburger Förde wird diese Fischereimethode seit 2019 nicht mehr praktiziert. Dies ist ein wichtiger Schritt, um den Lebensraum am Meeresboden zu schützen und die Artenvielfalt in der Förde zu erhalten.
Auf der dänischen Seite wird jedoch noch immer weiter gefischt, was die Komplexität der gemeinsamen Zuständigkeit für den Schutz der Flensburger Förde verdeutlicht. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten hier zusammenarbeiten und Lösungen finden, um die Fischerei nachhaltiger zu gestalten und den Schutz der Förde zu gewährleisten.
Neue Initiativen bringen Hoffnung im Fördeschutz
Good News: Der Gesundheitszustand der Förde mag zwar bedrohlichen sein, aber die Menschen vor Ort geben nicht auf. Es gibt viele engagierte Initiativen und Organisationen, die hart daran arbeiten, das empfindliche Ökosystem der Flensburger Förde zu schützen und wiederherzustellen. Das Unterwasserteam Flensburg und der Verein Mission Förde e. V. sind nur zwei davon.
Sie setzen sich für die Unterwasserwelt ein und machen auf den ökologischen Zustand der Förde aufmerksam. Mithilfe von beeindruckendem Bild- und Videomaterial konnte das Unterwasserteam sogar erheblich zum Verbot der Miesmuschelfischerei auf deutscher Seite beitragen.
Auch die Müllsammelaktionen des Vereins Mission Förde e. V. helfen dabei, die Unterwasserwelt zu schützen. Bei jeder Aktion werden mehrere hundert Kilo Müll aus dem Hafenbereich entfernt.
Doch das ist noch nicht alles. Der Verein plant zukünftig künstliche Riffe zu bauen, die als Versteck und Aufwuchsort für Meereslebewesen dienen sollen.
Ebenso mit unserem Müll im Meer beschäftigt sich das Citizen Science Projekt Weniger Ist Meer. Mit „Manta Trawls“, bei denen es sich um Holzrahmen mit zwei Flügeln handelt, wird Mikroplastik aus dem Oberflächenwasser eingesammelt.
Ihr wollt mitmachen? Hier findet ihr eine Bauanleitung für einen Manta Trawl.
Du willst das komplette hands-on Erlebnis? Zusätzlich werden auch Mikro(Plastik)-Exkursionen mit dem Traditionssegler Albin Köbis angeboten.
Ein weiteres Beispiel für innovative Lösungen zur Wiederherstellung des Ökosystems ist das Projekt FjordFruits. Hier wurde ein Prototyp einer Muschelfarm an der Hafenspitze installiert, um zu zeigen, dass Mies- und Herzmuscheln auch nachhaltig an Seilen kultiviert werden können, ohne den Meeresboden mit Schleppkörben zu zerstören.
Künstlerisch machen Nicola Kochhafen und Kerstin Maywald das Meer in Flensburg erfahrbar.
Schon mehrfach haben sie gemeinsam mit dem Ocean Summit in der Kulturlücke Kunstworkshops angeboten, bei denen zum Beispiel Postkarten mit Meer-Motiven bemalt wurden. Übrigens: Beim Tag der Meeresschutzstadt am 08.06.23 in Kiel werden sie wieder mit kreativen Angeboten dabei sein. Save the date!
Auch die Stadt Flensburg selbst setzt sich für den Schutz der Flensburger Förde ein. So wurde beispielsweise im Jahr 2017 das Projekt „Fördegrün“ ins Leben gerufen, welches sich zum Ziel setzt, die Uferbereiche der Förde ökologisch aufzuwerten und die Bevölkerung für den Schutz der Natur zu sensibilisieren. Dabei wurden bereits zahlreiche Maßnahmen umgesetzt, wie beispielsweise das Anlegen von Grünflächen, die Schaffung von Lebensräumen für Insekten und Vögel und die Etablierung von Feuchtbiotopen. Auch die Förderung von nachhaltigen Mobilitätsformen, wie Fahrradverleihsystemen, soll dazu beitragen, die Belastung der Förde durch den Autoverkehr zu reduzieren. Darüber hinaus engagiert sich Fördegrün auch in der Umweltbildung und Sensibilisierung der Bevölkerung für Umweltfragen. Das Projekt bietet verschiedene Veranstaltungen und Workshops an, um das Bewusstsein für Nachhaltigkeit und Umweltschutz zu stärken.
Im Rahmen eines Interreg Mini-Projekts soll zukünftig noch mehr für den Schutz der Flensburger Förde getan werden.
Wie geht es weiter?
Das Engagement der Stadt Flensburg und der zahlreichen Initiativen vor Ort ist ermutigend und zeigt, dass jede Einzelperson einen Beitrag für den Schutz der Meere leisten kann. Kleine lokale Projekte wirken sich direkt positiv auf die Umwelt aus, das wird in Flensburg spürbar. Wir hoffen, dass die Arbeit der lokalen Initiativen weitere Nachahmer findet.
Besonders die aktive grenzübergreifende Zusammenarbeit bietet viel Potenzial große Fortschritte im Fördeschutz zu erreichen.
In naher Zukunft ist die Reduzierung von Abwasser- und Düngemittelausbringungen durch gezielte Maßnahmen sowie die Förderung einer nachhaltigen Landwirtschaft von großer Wichtigkeit, um dazu beizutragen, die Gesundheit der Flensburger Förde und anderer Gewässer in der Region zu verbessern.
Es gibt noch viel zu tun, aber mit gemeinsamen Anstrengungen kann die Flensburger Förde mit ihrem einzigartigen und empfindlichen Ökosysteme wiederbelebt werden.
Wir sind sehr gespannt auf den weiteren Verlauf der grenzübergreifenden Zusammenarbeit in Sachen Meeresschutz im hohen Norden und freuen uns, Flensburg bald im Netzwerk der Meeresschutzstädte begrüßen zu dürfen.
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Ein Text von Mats Heitzmann, Praktikant beim Ocean Summit
Titelbild: Ostseite der Flensburger Förde (Pixabay)
INFORMATION MEERESSCHUTZSTÄDTE SCHLESWIG-HOLSTEIN
Kiel, Flensburg und weitere Städte in Schleswig-Holstein haben enorme Potenziale, um von Städten an der Ostsee zu echten Meeresschutzstädten zu werden. Deshalb sind alle meerbegeisterten Menschen herzlich eingeladen, mit uns gemeinsam eine Zukunftsvision und konkrete Ziele zu entwickeln. Und so die Idee der Meeresschutzstadt mit prallem Leben zu füllen.Dafür bieten wir im Juni und Juli eine erste Workshop-Runde an, vier Termine stehen zur Auswahl:
FLENSBURG
Freitag, 23. Juni 2023 in Flensburg
10 bis 12.30 Uhr und 16 bis 18.30 Uhr
in der Dansk Centralbibliotek for Sydslesvig / Dänischen Zentralbibliothek
Norderstraße 59 in Flensburg
KIEL
Mittwoch, 5. Juli 2023 in Kiel
10 bis 12.30 Uhr und 17 bis 19.30 Uhr
in den Räumen von TransMarTech am Seefischmarkt
Wischhofstraße 1-3 Gebäude 1 in Kiel
Detaillierte Infos zu den Workshops folgen in Kürze auf der Ocean Summit-Webseite.
Anmeldungen, Fragen und Anregungen können gerne schon jetzt an Nicole walter@boell-sh.de geschickt werden.