Sophie Backsen

Studentin der Agrarwissenschaften und Klima-Klägerin, Pellworm

>> Es ist jetzt nicht so, dass ich denke, jetzt kann ich mich erstmal zurücklehnen. Denn man muss ja leider immer wieder daran erinnern und darauf aufmerksam machen, dass noch nicht genug passiert. Aber ich versuche positiv in die Zukunft zu blicken und hoffe schon, dass wir das irgendwie noch schaffen können, das Ruder rumzureißen, wenn wir uns viel Mühe geben und da wirklich auch Wille dahintersteckt. <<

Meeresmenschen-Audios

Darum geht´s: Klimawandel, Jugend, Inselleben, Klimaklage, Landwirtschaft, Fleischkonsum, lokale Wirtschaftskreisläufe, erneuerbare Energien

Hört rein, was Sophie Backsen zu ihrer Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht, über das Leben auf dem Hof und ihre Hoffnungen für die Zukunft zu sagen hat:

Meeresmenschen-Talk mit Sophie Backsen: Eine Klage für das Klima

Wer bist du und wo befinden wir uns?
Ich bin Sophie Backsen. Wir befinden uns auf meiner Heimatinsel Pellworm. Hier lebe ich und studiere im Fernstudium zurzeit an der Uni Kiel Agrarwissenschaften.

Was ist im Sommer 2021 passiert?
Ich habe in diesem Jahr mit acht weiteren jungen Menschen eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingereicht – und gewonnen. Das Gericht hat dort eine ganz wesentliche Entscheidung getroffen und uns Recht gegeben, dass das Klimaschutzgesetzt der Bundesregierung nicht ausreichend war und dass es nicht Rechtens ist, dass viele Reduktionslasten auf unsere Zukunft verschieben.

Wie lief der Prozess Eurer Klage ab?
Man muss dazu sagen, dass vermutlich auch die ganzen gescheiterten Klagen vorher dazu beigetragen haben, dass das Gericht in Karlsruhe so entschieden hat. Wir hatten im Jahr 2018 auch schon mal als Familie mit zwei weiteren Familien eine Klage beim Verwaltungsgericht in Berlin eingereicht und sind da auch gescheitert.

Damals hatten wir auf Grundlage eines Kabinettsbeschlusses geklagt, da gab es das Klimaschutzgesetz noch nicht, das wurde kurz darauf erlassen. Nach dieser verlorenen Klage in Berlin haben wir uns als junge Menschen entschieden weiter zu machen.

Das Gericht hat dort eine ganz wesentliche Entscheidung getroffen und uns Recht gegeben, dass das Klimaschutzgesetzt der Bundesregierung nicht ausreichend war und dass es nicht Rechtens ist, dass viele Reduktionslasten auf unsere Zukunft verschieben.

Wer war bei der Klage involviert?
Wir als Familie wurden 2018 von Greenpeace angesprochen und haben uns als Familie entschieden, das zu machen. Wir waren dann ja auch als Familie beim Gericht. Der Weg der  Verfassungsbeschwerde war so,  dass wir auf das Recht für Zukunft klagen wollten, auf die Freiheitsrechte der zukünftigen Generation. Deswegen haben wir Kinder da weiter geklagt.

Mit dabei waren Luisa Neubauer und Lüke aus Langeoog. Lüke (Recktenwald, Anm. d. Red.) und seine Familie waren damals auch bei der EU-Klage, beim People’s Climate Case dabei, wo sie allerdings auch scheiterten.

Wie blickst Du nach der erfolgreichen Klage in die Zukunft?
Also, es ist jetzt nicht so, dass ich denke, jetzt kann ich mich erstmal zurücklehnen und gucken. Denn man muss ja leider immer wieder daran erinnern und darauf aufmerksam machen, dass noch nicht genug passiert.

Also ich sage jetzt nicht, das war es jetzt für immer.  Sondern ich blicke schon ein wenig mit Sorge auf die Zukunft. Denn wenn man so sieht, wie die Wetterextreme zunehmen, fragt man sich schon: Was wird da noch kommen?

Aber ich bin auch ein positiver Mensch, versuche positiv in die Zukunft zu blicken und hoffe schon, dass wir das irgendwie noch schaffen können, das Ruder rumzureißen, wenn wir uns viel Mühe geben und da wirklich auch Wille dahintersteckt.

Engagierst Du Dich anderweitig?
Ich bin nicht direkt Mitglied und bin auch nicht regelmäßig mit Fridays for Future unterwegs, weil das etwas schwierig ist auf Pellworm. Als es los ging, bin ich nicht mehr zur Schule gegangen – dann habe ich in Kiel gewohnt, bin aber regelmäßig nach Pellworm gependelt. Ich habe mich eher für den Weg entschieden mit dieser Verfassungsbeschwerde und versuche mir das eher immer im Alltäglichen ins Bewusstsein zu rufen und viel darüber zu reden.

Foto © Barbara Dombrowski

Können wir das Klima noch retten?
Ja, ich habe schon noch große Hoffnung, dass wir das Ruder noch rumreißen können. Gerade weil das überall sehr präsent ist, auch in der Politik. Da ist noch viel möglich, aber da ist auch in den letzten eineinhalb bis zwei Jahren viel passiert. Vor zwei Jahren hat gefühlt noch keiner so richtig darüber geredet.

Ich glaube, es wird immer Landwirtschaft und Tierhaltung geben. Es muss einfach weniger werden. Die Leute müssen viel bewusster konsumieren.

Haltet Ihr Tiere auf Eurem Bauernhof?
Ja, wir halten Rinder und Schafe und machen ein bisschen Ackerbau.

Welche nachhaltigen Methoden wendet Ihr auf Eurem Bauernhof an?
Was mich stark interessiert, ist die lokale Vermarktung, also das Fleisch regional und direkter zu vermarkten. Ebenso dass man mir fairerer Entlohnung auch weniger Tiere halten müsste. Wenn man mehr für das Tier bekommt, muss man auch weniger halten.

Wir machen jetzt schon relativ viel mit Kleislaufwirtschaft und kommen ohne Nährstoffe von außen eigentlich gut zurecht. Das funktioniert ganz gut. Wir bauen unser eigenes Futter an, verfüttern das und nehmen den Mist und die Gülle von den Tieren, um die Nährstoffe wieder auf das Feld zu bringen, wo das Futter angebaut wird.

Wie versorgt Ihr Euren Hof mit Energie?
Wir haben Photovoltaikanlagen auf drei unserer Ställe, den Strom verkaufen wir derzeit aber noch. Das soll sich aber bald ändern, so dass der Strom auch auf unserem Hof genutzt wird.

Was sagst du zum Thema Fleischkonsum?
Ich glaube, es wird immer Landwirtschaft und Tierhaltung geben. Es muss einfach weniger werden. Die Leute müssen viel bewusster konsumieren. Das fände ich sehr wichtig. Ich glaube auch nicht, dass die Tierhaltung per se das Problem ist, sondern dass wir alle weniger und bewusster konsumieren müssen.

Die Tierhaltung spielt natürlich eine Rolle. Aber wir müssen weniger konsumieren. Ein bisschen finde ich vertretbar und völlig okay. Man sollte für Fleisch lieber mehr ausgeben und dafür nur ein bis zwei Mal die Woche Fleisch essen, als es für 50 Cent zu kaufen und täglich zu essen. Dass es nicht gesund ist, kommt ja noch dazu und steht ja schon lange fest.

Was hat sich in Deinem eigenen Verhalten verändert?
Ich habe unterbewusst eigentlich immer schon auf mein Konsumverhalten geachtet. Und seit zwei, drei Jahren ist es mir so richtig bewusst und ich achte noch mehr drauf. Stark verändert haben sich meine Klamotten, also ich gehe nicht mehr shoppen wie früher, so einmal im halben Jahr oder öfter mal zu H&M, sondern ich achte viel mehr darauf, wo die Klamotten herkommen und kaufe weniger. Das ist eine Sache, die sich krass verändert hat. Mein Fleischkonsum habe ich auch eingeschränkt, wobei ich beim Essen schon immer ziemlich bewusst eingekauft und konsumiert habe.

WEITERLESEN:
https://www.greenpeace.de/klimaschutz/klimakrise/portraet-klimaklaegerinnen-verfassungsbeschwerde

Anmerkung der Redaktion: Das Gespräch wurde aufgezeichnet am 13.07.2021. Zur besseren Lesbarkeit wurde das Interview teilweise gekürzt, strukturiert und redigiert.