Swaantje Güntzel: Geheime Kunst-Aktion empört Strandgäste in Kiel-Schilksee

Verwirrende Szenen spielten sich am Vormittag des 21. Augusts 2021 an der Promenade in Kiel-Schilksee ab: Eine Frau, gekleidet in einem blauen Kleid und bepackt mit einem großen Müllsack, spazierte vom Fähranleger aus zum Strand und warf Müll auf Fußweg, Bänke, in den Sand und in die Ostsee. Mit großen Augen und schockierten, teils aggressiven Kommentaren verfolgten die Strandbesucher*innen, darunter viele Familien, das Geschehen: „Was machen Sie da, hören Sie sofort auf!“, „Heben Sie das sofort wieder auf!“ oder „Wir rufen jetzt die Polizei!“

Die Performance „Plastisphere“: Was vielen Badegästen wie eine äußerst schräge Szene eines Strandbesuches erscheint, war in Wahrheit eine Performance der Hamburger Künstlerin Swaantje Güntzel. Zwar war die Darbietung an dem beliebten Ostseestrand bei der Stadt Kiel angemeldet, aber nicht öffentlich angekündigt. Und auch vor Ort wurde sie von der Künstlerin weder kommentiert noch aufgelöst: Mit entrücktem Blick wanderte Swaantje Günzel an den Menschen vorbei, die sie ansprachen und sie auf ihr umweltschädliches Verhalten hinweisen wollten. Viele Passant*innen waren empört und schockiert, einige schienen aber auch teilnahmslos, selbst als die Künstlerin direkt ins Wasser wanderte und Plastikmüll wie Verpackungen und Einmalgeschirr anmutig ins Meer fallen ließ.

Mit dieser Aktion sensibilisiert Swaantje Güntzel nicht nur für die Problematik Müll. Vielmehr spiegelt sie dabei unser eigenes Verhalten, indem sie einen Akt wiederholt, den wir tagtäglich tausendfach im öffentlichen Raum vollziehen. Nach mehreren Jahren, in denen die Performance um die Welt zog, wird sie dieses Jahr übrigens ihr Ende finden.

Müll wurde am Kieler Strand gesammelt, um ihn erneut in Natur zu werfen: Als Passanten getarnte Mitarbeiter des Ocean Summit Kiel lösten besonders hartnäckige Interventionen auf und sorgten für Aufklärung. Für besonderes Nachdenken sorgte der Umstand, dass des Mülls zuvor am Strand gesammelt worden war.

„Ich bin völlig fassungslos“, kommentierte eine Strandbesucherin das Geschehen. „Die Reaktionen sind absolut nachvollziehbar und auch erwünscht“, meint Stefanie Sudhaus vom Ocean Summit Team. „Aber ich würde mir solche Reaktionen bei allen Menschen wünschen und zwar bei jedem einzelnen Stück Müll, das in die Umwelt wandert. Denn das passiert ständig und keinen kümmert es! Das macht MICH fassungslos.“

Nach der Darbietung wurde der Müll vom Ocean Summit, freiwillig sammelnden Badegästen und auch vielen Kindern wieder eingesammelt und fachgerecht entsorgt. Auch die Polizei, die an die Promenade beordert worden war, war zuvor informiert wurden und konnte so auch direkt die eingeschaltete Wasserwacht aufklären.

Über Swaantje Günzel: Mit ihren Performances, Installationen und Ausstellungen, weist Swaantje Günzel auf die Vielzahl schädlicher, menschgemachter Umwelteinflüsse hin. So bearbeitet sie in ihrer aktuellen Ausstellung „Dead species walking“ im Atelierhaus des Kieler Anscharparks nicht nur die Plastikverschmutzung unserer Erde, sondern widmet sich generell unserem Verhältnis zur Natur, zum Artensterben und unserer Verantwortung Tieren gegenüber. Die Ausstellung ist bis zum 19. September 2021 jeweils von Freitag bis Sonntag geöffnet, der Eintritt ist frei. Weitere Infos hier >>>

www.swaantje-guentzel.de