Portrait von Lennart

OceanUp SH: Trash Pick- Musik machen mit Meeresmüll

Unter dem Motto OceanUp SH stellt Euch der Ocean Summit Kiel regelmäßig StartUps und Projekte aus Schleswig-Holstein vor, die sich mit ihren Ideen, Aktionen und Innovationen für die Meere engagieren. Dieses Mal sind wir bei Lennart zu Besuch. Durch seine Idee stellt Lennart ganz besondere Einzelstücke für Musiker*innen her und hilft gleichzeitig dabei, die Strände um Kiel ein bisschen sauberer zu machen.

Moin Lennart, erzähl doch erstmal ein bisschen was über dich. Wer bist du und welche Bedeutung hat das Meer für dich?

Moin, ich bin Lennart 32 und lebe seit elf Jahren in Kiel. Ich bin eigentlich Schiffbauer und Offshore Anlagentechniker, habe mich aber sowohl beruflich als auch privat immer weiter in Richtung Naturschutz bewegt und arbeite mittlerweile hauptberuflich in dem Feld Meeresschutz. Das Meer hat für mich schon eine große Bedeutung gehabt. Ob Schnorcheln, Schwimmen oder abends am Strand beim Lagerfeuer mit Freunden, es ist immer was ganz besonderes am Meer zu sein!

Unter dem Namen „Trash Pick“ stellst du Plektren zum Gitarrespielen her. Was ist das besondere an deinen Plektren und wie bist du auf deine Idee gekommen?

Das Besondere ist, dass die Plektren zu 100% aus Meeresmüll, der hier an den Stränden in der Region gesammelt wird, hergestellt werden. Die Idee ist mir auf meiner letzten Radreise gekommen, weil ich kein Plektron zu Hand hatte, aber Gitarre spielen wollte. Ich habe dann einfach ein Stück Plastik aus einem alten Kanister, der am Strand lag, ausgeschnitten – das hat wunderbar funktioniert. Da war die Idee der Trash Picks geboren.

Die Plektren werden ausgestanzt

Nachdem das sortenreine Plastik geschmolzen wurde, werden die Plektren aus dem Rohling ausgestanzt.

Warum bist du dieses Projekt angegangen? Welches Ziel verfolgst du mit deiner Idee?

Ich war schon länger auf der Suche nach einem sinnvollen Produkt, welches zu 100% aus Meeresplastik hergestellt werden kann. Ich war dann so Feuer und Flamme, weil ich dachte, das könnte doch mal ein Produkt sein, woran du keine hohen Anforderungen hast, was keine CE-Kennzeichnung braucht, was kein TÜV-Siegel braucht, was nicht lebensmittelecht sein muss. Durch die Trash Picks kann jetzt auch ein Teil des Mülls unserer CleanUps verwendet werden. Durch das Projekt lerne ich selbst super viel über das Thema Kunststoff-Recycling und- Upcycling und möchte zeigen, dass es eigentlich ganz einfach ist.

Was für Müll benutzt du, um deine Plektren herzustellen und welche Materialien eignen sich besonders gut?

Ich benutze zu 100% Kunststoff, welcher aus dem Meer bzw. von Stränden aus der Region kommt. Besonders gut lässt sich PP (Polypropylen) und PE (Polyethylen) verarbeiten, die auch nicht so viele Schadstoffe absondern. Wenn der Müll dann noch coole Farben hat, gibt es eine schöne, bunte Mischung! Cool finde ich immer die Farbverläufe im Licht. Das war so ein Nebeneffekt, der sich einstellt, wenn du verschiedene Plastikfarben mischt. Das macht dann auch mega Laune, sich zu überlegen: „Welche Farbkombination sieht vielleicht geil aus.“ Von solchen Sachen habe ich eigentlich keine Ahnung, aber bisher habe ich noch kein richtig hässliches Plektron gemacht.

Fertige Plektrons in einem Glas

Aus einem Rohling lassen sich mehrere Plektren fertigen. Was übrig bleibt, wird erneut eingeschmolzen

Und wie du die Materialien unterscheidest, hast du dir auch selbst beigebracht?

Das ist total spannend und letztendlich auch die schwierigste Sache. Du kannst das eigentlich nicht erkennen. Es gibt Maschinen, die das mit Infrarot erkennen. Was ich immer mache: Auf jeder Plastikverpackung muss eigentlich irgendwo ein Zeichen drauf sein. Manchmal findest du nur eine Zahl, manchmal steht da auch noch PP oder PE mit drauf. Für die Herstellung der Plektren ist es existenziell, dass du eine sortenreine Sortierung hast. Du kannst PP und PE nicht mixen. Du stellst immer eine Schmelztemperatur ein und die haben unterschiedliche Schmelztemperaturen. Das heißt, wenn das eine schmilzt, fängt das andere an zu brennen oder schmilzt gar nicht. Dann hast du überall Sollbruchstellen. Und natürlich muss du alles reinigen. Sand ist mega schlecht oder wenn da Pocken dran sind. Halt alles, was Meeresmüll so mit sich bringt.

Wo findest du den ganzen Plastikmüll?

Den kann man tatsächlich überall finden. Wenn man besonders viel finden möchte, muss man einfach auf die Windrichtung achten und da sammeln, wo der Wind auflandig ist! Denn Wind bringt mit den Wellen auch immer Plastik mit! Die großen Teile, Eimer oder auch mal einen Wäschekorb, nenne ich Nuggets. Da muss ich dann auch erstmal nicht mehr los.

Ein Plektron wird geschliffen

Feinschliff als letzter Schritt ist auch bei den Plektren wichtig.

Wie wird aus dem Plastik letztendlich ein Plektron?

Nach dem Sammeln wird der Kunststoff erstmal in PP und PE sortiert (das sind auch die Hauptsorten, die man findet). Anschließend werden die Teile gewaschen, getrocknet und dann zerkleinert. Danach wird das Material geschmolzen und gepresst, wodurch die Rohlinge der Plektren entstehen. Am Ende wird ausgestanzt und geschliffen und fertig sind die Trash Picks.

Und wie sieht deine Werkstatt aus?

Ich hab letztendlich darauf geachtet, dass alles möglichst einfach ist. Ich wollte das erst einmal ausprobieren und da wollte ich nicht gleich viel Geld in Material stecken. Einen alten Pizzaofen hatte ich irgendwie noch im Keller und dann brauchte ich irgendwas zum Zerkleinern. Da habe ich mir so einen Standmixer geholt. Ich dachte, das muss ja irgendwie funktionieren. Und das sind auch schon die beiden Kernsachen. Und letztendlich ein bisschen Arbeitsschutz. Wenn man das Plastik einschmelzt, stinkt das schon ein bisschen, da braucht man auf jeden Fall so eine Gasschutzmaske. Und dann hast du Stanzen, die kannst du tatsächlich kaufen, die sind eigentlich für Kreditkarten. Ich hatte noch so ein Ding bei mir rumliegen und mir ab und zu, so einmal im Jahr, ein Plektron gemacht.

Lennart mit einer Schutzmaske in seiner Werkstatt

Der Schutz mit einer Maske ist vor Allem beim Schmelzen des Plastiks wichtig.

Wie spielt es sich auf einem Plektron aus Plastikmüll und wie kommen die Plektren bei den Leuten an?

Es spielt sich genau wie auf einem normalen Plektron. Da ich die Plektren in drei unterschiedlichen Stärken (dünn/mittel/dick) anbiete, sollte eigentlich für jeden/e etwas dabei sein. Die Plektren kommen echt super gut an, mittlerweile kann man sie schon in acht Läden in Kiel kaufen. 😊

Spielst du selbst auch Gitarre oder machst du generell Musik?

Ja, früher mehr als heute. Ich habe lange in einer Metalcore-Band gespielt. Ich würde gerne auch heute wieder etwas mehr Musik machen und bin auch, was die Stilrichtung angeht, offener geworden. 😃

Hast du noch mehr Ideen für die Zukunft vor Augen, was sich auf deine Art aus Plastikmüll herstellen ließe?

Ich bin gerade dabei, mich an weiteren Produkten zu versuchen: dabei sind z.B. Lesezeichen, Untersetzer und Lampen. Der Prototyp für die Lampe ist jetzt aus Verschnitt, der zu spröde ist, um nochmal eingeschmolzen zu werden. Der hat ganz viele Farbverläufe und sieht ein bisschen spacy aus.

Eine leuchtende Lampe aus Meeresmüll im Dunkeln

Den Prototypen für eine tellerförmige Lampe hat Lennart bereits entwickelt.

Wie können unsere Leser:innen deine Idee unterstützen, wenn sie jetzt das Plektron-Fieber gepackt hat?

Unterstützen kann man mich einfach durch den Kauf der Trash Picks, ob direkt bei mir über Instagram (trash.pick.kiel) oder per Mail (trash.pick.kiel[at]gmail.com) oder in einem der regionalen Läden 😊 ist dabei ganz egal!

Ein fertiges Plektron im Licht

Die fertigen Plektren gibt es in mehreren Läden in Kiel, bei Instagram und per Mail zu kaufen.

Interview und Fotos: Elias Tetzlaff / Praktikant Ocean Summit

Lennart beim Pressen des geschmolzenen Rohlings

Ein Stand mit Licht für die fertigen Plektren

Ihr könnt Lennarts Plektren über Instagram oder trash.pick.kiel[at]gmail.com kaufen.

Logo von Trash Pick in Form eines Plektrons

Außerdem gibt Die Trash Picks gibt es in folgenden Läden zu kaufen:

Trag Bar
Kerle
Musikhaus Keller
Kosmos Store
Unterwegs Kiel
InSound
On Art
Veganski