Michael Walther: Beim Klimaschutz würde ich mir nicht verzeihen, aufzugeben

Der Kieler Wassersportler und Klimaschützer Michael Walther (Zero Emmissions EU) lädt Euch gemeinsam mit dem Ocean Summit am Sonntag, 7. Februar 2021, zum Online Vortrag „Raus aus der Komfortzone, rein in die Zukunft“ ein . 

Im Voraus haben wir mit Michael ein ausführliches Interview geführt, in dem er über die Chancen und Konflikte von Wassersport und Umweltschutz spricht.

Michael Walther erzählt außerdem darüber, wie wichtig es ist, in Sachen Klimaschutz aus seiner eigenen Komfortzone heraus zu kommen, warum es für Klimabotschaften vermutlich wirksamer wäre in der BILD als im ENORM Magazin zu erscheinen, wie er seine Motivation (zurück) findet,  wieso er für seine aktuellen Aktionen bewusst öfter das SUP als das Segeln einsetzt, was seine Grönland-Reise in ihm bewegt hat und warum Umweltschutz ein gewisser „Coolness-Faktor“ behilflich sein kann.

Ocean Summit: Moin Michael, lass uns mit einer kleinen Schnellfragrunde als Warm-Up beginnen, SUP oder Segeln? Segeln. Rauer Norden oder sonniger Süden? Rauer Norden. Insel oder Festland? Insel natürlich! Ostsee oder Nordsee? Nordsee, meine Heimat! Barfuß oder Neo-Füßlinge? Barfuß, solange es geht!

Michael Walther in Grönland, Foto © Daniell Bonhof

Du hast mal Jura studiert, arbeitest jetzt in der Kommunikationsbranche und engagierst dich für den Klimaschutz – wann kam Dein Umbruchmoment, Dein Erwachen – oder war das ein schleichender Prozess?
Bei mir war das ein schleichender Prozess. Meine Kindheit auf Norderney hat mich der Natur sicher sehr nahe gebracht und dann kommt hinzu, dass ich Ungerechtigkeit nicht gut abkann. Dabei muss diese nicht unbedingt mir direkt zum Nachteil sein, sondern es kotzt mich einfach an, wenn ich sehe, wie wir auf Kosten kommender Generationen und auch schon auf Kosten der Menschen in anderen Regionen hier in Saus und Braus leben.

>> Es kotzt mich einfach an, wenn ich sehe, wie wir auf Kosten kommender Generationen und auch schon auf Kosten der Menschen in anderen Regionen hier in Saus und Braus leben. >>

Genauso bringt es mich auf die Palme, wenn wir Menschen im Mittelmeer ertrinken lassen, nur weil diese nicht das Glück hatten, in Europa geboren zu werden. Dass wir dann auch noch unmittelbar Einfluss auf viele Fluchtursachen haben (unsere Waffenexporte und die Ausbeutung diverser Regionen) setzt dem Ganzen dann die Krone auf. Leute ausbeuten, Diktatoren mit Waffen versorgen und dann die Grenze dicht machen, das ist einfach dreckig und es frisst mich täglich an, dass ich mit meinen Steuergeldern einen Deal wie diese Absprache mit der Türkei mitfinanziere.

Was ich damit sagen will, die Fragen der Gerechtigkeit hören bei mir nicht beim Klimaschutz auf, was dann vielleicht auch meinen Diplom Juristen erklärt. Das Engagement im Klimaschutz fußt auf der gleichen Motivation wie die damalige Wahl des Studiengangs, die ich im Übrigen nie bereut habe.

Du bist Jahrgang 1981 – im Ocean Summit Gespräch mit Arved Fuchs hast Du gesagt, Deine Generation sei viel zu lange unpolitisch gewesen. Was können wir uns abschauen von der Fridays for Future Bewegung? Und: Wie kommen wir endlich raus aus unserer Komfortzone?
Das ist ganz einfach. Wir müssen Fridays for Future einfach so gut es geht unterstützen. Wenn wir schon so lange geschlafen haben, sollten wir dankbar für den Weckruf sein und spätestens jetzt mit voller Motivation mitmachen.

Dazu ist es dann auch nötig aus der Komfortzone zu treten. Das beginnt bei der Teilnahme an einer Demo. Viele von uns sind das nicht mehr gewöhnt und hängen nach der Arbeit lieber Zuhause oder wie ich, am Strand ab. Das ist zwar schön, bewegt aber nichts. Also raus auf die Straße und zeigen, dass wir alle gemeinsam etwas verändern wollen – nicht nur denken, dass das ja ein tolles Engagement der jüngeren Generation ist.

>> Wir müssen Fridays for Future einfach so gut es geht unterstützen.  Wir sollten dankbar für den Weckruf sein und mit voller Motivation mitmachen. Dazu ist es nötig aus der Komfortzone zu treten. Das beginnt bei der Teilnahme an einer Demo. Viele von uns sind das nicht mehr gewöhnt und hängen nach der Arbeit lieber Zuhause oder wie ich, am Strand ab. Das ist zwar schön, bewegt aber nichts. >>


„Umweltschutz muss cooler werden“ – so lautet ein Credo von Dir und Deinem Einsatz. Sollte Umweltschutz nicht vor allem eins sein: normal und alltäglich?
Das Widerspricht sich meines Erachtens nach nicht. Wenn die Politik in einigen Bereichen dafür sorgt, dass es nur noch nachhaltige Optionen gibt, dann werden diese schnell alltäglich und gehören in den normalen Alltag. Das wir heute keine Spraydosen mehr mit FCWK verwenden ist so ein Beispiel. Das sind aber nicht unbedingt die Dinge, die die Menschen begeistern und mitreißen. Und gerade letzteres ist zwingend nötig, wenn wir viele Menschen erreichen und aus eigener Motivation zum Umdenken bringen wollen.

Mit der Aussage, dass Umweltschutz cooler werden muss, möchte ich sagen, dass wir dafür sorgen müssen, dass viele Menschen richtig Bock darauf bekommen. Vermeidungsstrategien motivieren längst nicht so gut wie Annäherungsstrategien. Wenn wir es also hinbekommen, dass große Teile der Gesellschaft danach trachten, möglichst cool und ökologisch zu sein, ist das ein großer Schritt. Dieser beinhaltet übrigens auch, dass wir Menschen außerhalb unserer Informationsblase erst einmal erreichen müssen.

Dank perfekt ausgesteuerter Algorithmen bekommen wir ja nur noch das wiedergekaut, was eh schon unsere Meinung ist. Diese Blase zu durchbrechen und Menschen mit Umweltthemen zu erreichen, die sich sonst nicht dafür interessieren wird immer schwieriger. Hier kann der Sport aber eine wichtige Rolle einnehmen, denke ich.

Michael Walther in Grönland, Foto © Daniell Bonhof

Können Wassersportler*innen wie Du Menschen besser erreichen und überzeugen als Politiker*innen und Wissenschaftler*innen?
Nicht unbedingt. Wir haben eine geringere Reichweite, aber dafür manchmal eine höhere Authentizität, würde ich sagen. Wenn die Politiker*innen mal klare Kante sprechen, Verantwortung übernehmen und ehrlich sagen würden, wie sie sich unsere Gesellschaft und unseren Planeten in 5, 10 und 25 Jahren vorstellen würden, würde das sicher auch viel Gehör finden. Leider passiert das jedoch zu selten. Aus jedem zweiten Satz meint man die Lobbygruppe herauszuhören, die hinter dem Politiker steht.

Bei den Wissenschaftler*innen ist das was völlig anderes. Deren Auftrag ist es neutral zu forschen. Wenn bei dieser Forschung herauskommt, dass wir dringend etwas ändern müssen, sollten sie dies natürlich auch klar und deutlich sagen – was sie meiner Meinung nach aber auch seit mehr als 30 Jahren beim Klimawandel tun. Hier halte ich es für hilfreich, wenn sich Wissenschaftler*innen nicht zu schade dafür sind, auch mal mit Leuten aus der Kommunikationsbranche zu sprechen. Denn es ist halt wichtig, dass das was man sagt auch beim Gegenüber ankommt.

>> Ich halte es für hilfreich, wenn Wissenschaftler*innen auch mal mit Leuten aus der Kommunikationsbranche sprechen. Es ist wichtig, dass das, was man sagt, auch beim Gegenüber ankommt. >>

Was macht Dich wütend?
Unsere Ignoranz und das Gefühl der Ohnmacht, wenn ich sehe, wie sinnvolle Schritte im politischen Prozess soweit aufgeweicht werden, bis sie quasi nicht mehr existieren. Bestes Beispiel ist hier wohl der Rechtsstaatenmechanismus über den in der EU solange diskutiert wurde, bis er völlig nutzlos war. Dazu gibt es auch viele Beispiele in Sachen Klimaschutz, aber dass wir nun weiterhin Autokraten Viktor Orbán und Mateusz Morawiecki mitfinanzieren macht mich rasend.

Was stimmt Dich hoffnungsvoll?
Teile der heranwachsenden Generation. Leider darf man auch hier nicht vergessen, dass nicht plötzlich alle begeistert für mehr Klimaschutz eintreten. Aber diejenigen die sich aktiv engagieren, mit ihren Eltern in Diskussion treten, anderen Menschen (gerne auch mir) auf den Schlips treten, die stimmen mich hoffnungsvoll.

Michael Walther in Grönland, Foto © Daniell Bonhof

Gibt es generell mal den Moment, dass Du Dich fragst „Warum mache ich das hier eigentlich alles?“
Den gibt es in sportlicher Hinsicht immer wieder. Wenn ich bei -15 Grad auf einer Eisscholle stehend mein Board aufpumpe oder wenn ich während meiner Basel – Kiel Tour über drei Wochen jeden Tag 12 bis 14 Stunden paddle. Beim Klimaschutz gibt es das auch mal, wenn ich sehe wieviele Leute mir während meiner Aktionen auf die Schulter klopfen, selbst aber gar nichts verändern. Ich freue mich dennoch über das Schulterklopfen, aber mehr eigene Veränderung wäre eine noch größere Motivation für mich.

>> Diejenigen, die sich für Klimaschutz engagieren und damit anderen Menschen, aber auch mir, auf den Schlips treten, stimmen mich hoffnungsvoll. >>

Hast Du in Sachen Umweltschutz oder aus anderen Bereichen, ein Vorbild? Jemand, der Deinen Einsatz beeinflusst oder befeuert?
Ich bin irgendwie nicht so große Freund von Vorbildern. Es gibt immer wieder Menschen, bei denen ich mich sehr verstanden fühle und ich mich freue, dass sie sehr ähnlich denken. Arved Fuchs ist so jemand. Sein neues Buch „Das Eis schmilzt“ beginnt mit dem gleichen Zitat von Barack Obama*, welches seit vier Jahren auf meiner Website steht. Auch sonst habe ich den Eindruck, dass wir in vielen Bereichen ähnlich denken und argumentieren.

Michael Walther in Grönland, Foto © Daniell Bonhof

Du nutzt seit einigen Jahren bewusst eher das SUP als das Segeln für Deine Aktionen, warum?
Vor 13 Jahren habe ich mit einem guten Freund begonnen das Zero Emissions Projekt zu gründen und mich für mehr Klimaschutz stark zu machen. Damals gab es noch kaum SUPs in Europa. Der Segelsport war damals mein Hobby, meine Leidenschaft und teilweise auch mein Beruf. Daher bot sich das damals an. Das SUP ist dann dazugekommen, weil mich die Sportart schnell begeistert hat. Hinzukommt, dass das Paddeln mit einem Board für jeden einfach nachvollziehbar ist.

*„Wir sind die erste Generation die die Auswirkungen des Klimawandels bereits zu spüren bekommt und die letzte, die etwas dagegen unternehmen kann.“  Barack Obama,  2015

Wenn ich also sage, dass ich 1300 km alleine und ohne Unterstützung von Basel nach Kiel paddle, können sich viele die Belastung vorstellen. Wenn ich über eine Segeltour spreche, klingt das für viele eher nach Urlaub. Die Belastungen, auch beim Katamaran segeln, sind einfach nicht so gut nachvollziehbar. Wenn ich also ein abstraktes Thema wie den Klimawandel unter die Leute bringen möchte, sollte ich wohl eher ein einfaches Werkzeug wählen als eines, welches für viele Menschen ebenfalls nicht nachvollziehbar ist.

Im Marketing spricht man gerne von „Zielgruppen“ – welche ist Deine? Wen möchtest Du vor allem erreichen mit Deinen Aktionen?
Besonders diejenigen, die sonst mit dem Thema gar nicht in Berührung kommen. Ich würde mich über einen Bericht in dem Nachhaltigkeitsmagazin „Enorm“ zwar auch freuen, aber seien wir mal ehrlich: Diejenigen, die dieses Magazin lesen sind eh schon an dem Thema dran. Leider muss ich mich wohl mehr über Berichte in der Bild-Zeitung und ähnlichen Medien freuen. Nicht weil ich diese so klasse finde, sondern weil ich hier aus meiner Informationsblase heraus in eine völlig neue hineinkomme und völlig andere Menschen erreiche.

>> Leider muss ich mich wohl mehr über Berichte in der Bild-Zeitung und ähnlichen Medien freuen. Nicht weil ich diese so klasse finde, sondern weil ich hier aus meiner Informationsblase heraus in eine völlig neue hineinkomme und völlig andere Menschen erreiche. >>

Was antwortest du Leuten, die fragen: „Michael, was soll das Ganze?“
Denen antworte ich, dass ich eigentlich nur ein mieser kleiner Egoist bin. Ich möchte einfach nicht in zehn Jahren vor meiner dann 17-jährigen Nichte und  15-jährigen Neffen stehen und mich fragen lassen müssen, warum ich nicht zumindest versucht habe, was in meiner Macht stand. Diese Schande möchte ich mir ersparen. Wenn abgesehen davon nun auch noch was Sinnvolles dabei herumkommt, ist es ja umso schöner…

Michael Walther 2020 auf der Geeste zwischen Schiffdorfer Stauschleuse und Bad Bäderkese.  Foto © Tom Körber

Wie begegnest Du Leugner*innen des Klimawandels?
Mit dem gleichen Unverständnis wie den Leuten, die den Klimawandel zwar anerkennen, aber ihre eigenen Gewohnheiten nicht mal minimal verändern. Ich kann kaum entscheiden, was ich bescheuerter finde, Menschen, die ein offensichtliches Problem leugnen oder solche die es erkennen und dann schulterzuckend weiter machen wie bisher.

>> Ich kann kaum entscheiden, was ich bescheuerter finde, Menschen, die ein offensichtliches Problem leugnen oder solche die es erkennen und dann schulterzuckend weiter machen wie bisher. >>

Hat das Pandemie Jahr 2020 deine Motivation geändert und wenn ja wie? 
Es hat meine Motivation gestärkt. Denn wenn ich Angela Merkels Rede vom 9. Dezember 2020 im Deutschen Bundestag richtig verstanden habe, hat sie gefordert, dass wir den Wissenschaftlern zuhören und ihren Empfehlungen folgen sollten. Da ging es zwar um die Coronamaßnahmen, aber ich hoffe, dass diese Einstellung nach mehr als 30 Jahren Forschung zum Klimawandel vielleicht auch hier einmal ankommt. Zumindest hat dieses Jahr verdeutlicht, dass wir etwas verändern können, wenn wir es wollen. Es bestätigt mich darin, dass es offensichtlich lediglich eine Frage der Motivation ist.

>> Das Jahr 2020 hat verdeutlicht, dass wir etwas verändern können, wenn wir es wollen. Es bestätigt mich darin, dass es offensichtlich lediglich eine Frage der Motivation ist. >>

Michael Walther 2020 auf der Geeste zwischen Schiffdorfer Stauschleuse und Bad Bäderkese.  Foto © Tom Körber

Du warst im Sommer 2020 mit Deinem SUP 1300 Kilometer von Basel nach Kiel unterwegs. Warum?
Mit meinen Aktionen möchte ich zwei Dinge erreichen. Erstens möchte ich mit Menschen in Kontakt kommen, die sich für das Thema sonst nicht interessieren – direkt vor Ort am Rhein oder über die Medien. Dann möchte ich außerdem verdeutlichen, dass wir den Hintern hochbekommen und raus aus der Komfortzone treten müssen, damit wir in Sachen Klimaschutz weiterkommen.

Im einem Interview mit der TAZ hast Du erzählt, dieser Tour wäre härter gewesen, als Du gedacht hattest. Was hast Dich resignieren lassen – und wie bekamst Du Deine Motivation zurück?
Ja, die Tour war definitiv außerhalb meiner Komfortzone, aber das habe ich mir ja vorher so gewünscht. Besonders hart war die Dauer, also über drei Wochen täglich 12 bis 14 Stunden auf dem Board und dann dazu aber auch die schlechte Regeneration. 12 Kilo habe ich dabei verloren. Aber ich wollte die Tour ja alleine und ohne Unterstützung von außen durchziehen und habe deshalb meist direkt auf meinem Board geschlafen. Ich bin also abends an Land gegangen, habe das Teil umgedreht und auf der Rückseite meinen Schlafsack ausgerollt.

>> Motiviert hat mich der Gedanke, dass ich es mir ja auch in Sachen Klimaschutz nicht verzeihen würde, einfach die Flinte ins Korn zu werfen. >>

Eines nachts musste ich mich unter eine Schnellstraßenbrücke verkriechen, weil um mich herum ein Gewitter tobte. In dem Moment hätte ich gerne alles an den Nagel gehängt. Motiviert hat mich tatsächlich der Gedanke, dass ich es mir ja auch in Sachen Klimaschutz nicht verzeihen würde, einfach die Flinte ins Korn zu werfen. Auch wenn es mal besondere Anstrengung und Anpassung kostet, da müssen wir durch. Das meine ich halt mit „raus aus der Komfortzone“.

Übernachtung am Strand an der Weser in Oberhammelwarden. Foto © Tom Körber


Start am Morgen an der Weser in Oberhammelwarden. Foto © Tom Körber

Ein paar Jahre zuvor bist Du nach Grönland gereist, es entstand der beeindruckende und mehrfach ausgezeichnete Kurzfilm „The Great Route“ (Video siehe unten) – wenn man von so einer bewegenden Reise zurück in den Alltag kommt, wie fühlt sich dieser Alltag dann an? Also, zurück in einem Leben in einem Land, wo der Klimawandel noch längst nicht so deutlich sichtbar ist, wie beispielsweis in Grönland?
Ich bin seitdem noch deutlich motivierter, mein bestes in Sachen Klimaschutz zu geben. Damit meine ich nicht unbedingt meine Aktionen, sondern vielmehr meinen eigenen Alltag. Ich konsumiere noch bewusster und lebe nochmal nachhaltiger als zuvor. Wenn man einmal gesehen hat, was wir bereits jetzt aufs Spiel setzen, ist das eine Extraportion Motivation. Ich hoffe einen ähnlichen Effekt bei den Zuschauern unseres Filmes erzielen zu können. Max Stolarow und Daniell Bohnhof, die beide mit mir auf Grönland waren, haben mit ihren Film- und Fotoaufnahmen auf jeden Fall die besten Voraussetzungen geschaffen, denke ich!

Man könnte meinen, vor allem Wassersportler haben einen engen Bezug zu Umwelt und Meeresschutz – doch gibt es da auch immer wieder Interessenkonflikte. Dann zum Beispiel wenn in Naturschutzgebieten Wassersport ausgeübt wird? Gibt es auch Diskussionen unter Euch Wassersportlern über Umwelt- und Klimaschutz?
Leider ist es nun nicht so, dass Wassersportler alle Umweltschützer sind. Leider ist es hier wie in jeder größeren Gruppe: Es gibt nette Leute, unauffällige Leute und Vollidioten. Letztere paddeln mit ihrem SUP in Schilfgürtel, kiten im Naturschutzgebiet oder schmeißen beim Segeln Zigarettenkippen über Bord. Mir ist das unverständlich, wie man es vereinen kann, sich aktiv in der Natur zu bewegen und diese dennoch nicht zu achten. Dieses Rätsel werde ich wohl nie lösen, aber Potential für Diskussionen gibt es definitiv genug.

Allerdings darf man, auch wenn man seinen Sport sehr vorsichtig ausübt nicht vergessen, dass der Wassersport per se nicht besonders umweltfreundlich ist. Segelyachten, SUPs und Surfboards sind Sondermüll, Tauwerk und Segel sind Kunststoffmischungen, die sich kaum recyceln lassen und schlussendlich ist es so, dass es sich um reine Luxusprodukte handelt. Bei diesen sehe ich den Ressourcenverbrauch und das Emittieren von Emissionen noch deutlich kritischer als bei notwendigen Gütern. Deshalb arbeite ich daran, nachhaltigere Alternativen zu schaffen. Mit dem Kieler Boardlab entwickle ich gerade ein kompostierbares Board, aber das ist ein anderes Thema.

>> Im Wassersport gibt es nette Leute, unauffällige Leute und Vollidioten. Letztere paddeln mit ihrem SUP in Schilfgürtel, kiten im Naturschutzgebiet oder schmeißen beim Segeln Zigarettenkippen über Bord. Mir ist unverständlich, wie man es vereinen kann, sich aktiv in der Natur zu bewegen und diese dennoch nicht zu achten. >>

Du lebst in Kiel. Die Landeshauptstadt nennt sich Meeresschutzstadt und ist Gewinnerin des Deutschen Nachhaltigkeitspreises 2021. Was siehst du hier vor Deine Tür als positive Veränderungen – und wo würdest Du Dir noch viel mehr Einsatz und Maßnahmen wünschen in Sachen Klimaschutz und Zukunftsvisionen?
Ich finde in Kiel bewegt sich vieles in die richtige Richtung. Ulf Kämpfer macht da einen sehr guten Job finde ich. Dass er dann solche unsäglichen Dinge wie diese Luftreiniger mittragen muss, ist natürlich ein fieses Gegenbeispiel, aber ich finde die grundsätzliche Richtung stimmt. Mehr Engagement und vor allem Mut wünsche ich mir bei der Verkehrswende. Warum hat Kiel mit nur einer echten Autobahnzufahrt kein vernünftiges Park&Ride System?

Ich selbst fahre Auto und parke gerne vor der Tür, dennoch wünsche ich mir größere Parkmöglichkeiten außerhalb der Stadt, verbunden mit Unterstellmöglichkeiten für Fahrräder und Lastenräder. Ich würde dann einfach immer außerhalb auf demselben Platz parken und die letzten 3 oder 5 km nach Hause radeln.

>> Ich finde in Kiel bewegt sich vieles in die richtige Richtung. Mehr Engagement und vor allem Mut wünsche ich mir vor allem bei der Verkehrswende. >>

Was mir daran vor allem wichtig ist, ist die Tatsache, dass wir halt auch Alternativen schaffen müssen. Parkmöglichkeiten in der Innenstadt zu reduzieren finde ich super, das Autofahren in der Stadt unattraktiv zu machen auch, mehr Grünflächen, Radwege und Fußwege ebenfalls. Aber wenn wir nicht zeitgleich eine Option anbieten, wie es ab jetzt funktionieren kann, verlieren solch eigentlich guten Ansätze schnell den Rückhalt. Das wäre schade und unnötig.

Danke für das Interview, Michael! Hier geht zum Ocean Summit Event mit Michael Walther >>>

Interview: Katharina Troch