Erik Meyer

Fischwirtschaftsmeister und Fischer, Kalifornien/Ostsee

>> Es wird immer mehr mit Plastik gearbeitet. Ich finde das einfach furchtbar. Wenn man schon mit Kunststoffen arbeitet, muss man auch sehr auf diese Acht geben. Ich habe das auch gerade auf Facebook geteilt, dass man nichts außer seiner Fußspuren am Strand hinterlassen sollte.<<

Foto © Barbara Dombrowski

Foto © Barbara Dombrowski

Meeresmenschen-Audios

Darum geht´s: Fischerei, (traditionelle) Nutzung der Meere, traditionelles Handwerk

Hört rein, was Erik Meyer zu Fischereimethoden, Fanggebieten und der Fischerei der Ostsee zu sagen hat:

Meeresmenschen Interview mit Erik Meyer: Eine Familie und die Fischerei

Stell Dich doch bitte einmal vor. Wer bist Du und was machst Du?

Mein Name ist Erik Meyer, Fischwirtschaftsmeister, 43 Jahre alt und ich bin Fischer. Seit Generationen ist unsere Familie Fischer, also seit man denken kann. Zwischendrin hatten wir jetzt noch Gastronomie. Die haben wir jetzt auch aufgrund von Corona aufgegeben. Aber Fischerei ist ja quasi auch der schönste Beruf der Welt.

Wie hat sich die Fischerei verändert?
Fischerei ist sehr komplex und kann nicht so schnell umrissen werden. Ich fang mal mit den Maschenweiten der Netze an. Mein Urgroßvater hat damals mit Weiten von 45 Millimeter gefangen. Das ist recht klein, war aber auch so üblich, da es Fische ohne Ende gab.

Dann kam der zweite Weltkrieg, der die Fischerei hier grundlegend auf den Kopf gestellt hat. Durch die Flüchtlinge, wie zum Beispiel aus Ostpreußen und Pommern, entstanden dutzende neue Fischereien, wir hatten dann 3000 neue Fischereibetriebe in der schleswig-holsteinischen Ostsee.

Das Problem dann war, dass zwar nicht die Fischbestände geschädigt waren, aber so viele Fische gefangen wurden, dass der Fisch im Verkauf nichts mehr wert war. So entschied mein Großvater 1958 als zweites Standbein noch ein Restaurant zu eröffnen. Früher hatte er nebenbei im Winter in der Werft gearbeitet und dann halt ab 1958 im Restaurant.

Mein Großvater wollte die Fischerei dann irgendwann ganz aufgeben, mein Vater aber nicht. Er erkannte, dass es ein Markenzeichen ist, den selbstgefangenen Fisch auch selbst zu verkaufen. Und das stimmte auch: Das war der Hit! Und wir hatten immer sehr viel zu tun.

Dann aber kamen immer mehr Probleme, vor allem Personalprobleme. Spätestens seit Corona, während dessen sich viele haben umschulen lassen und jetzt gastronomiefremd arbeiten,  hatten wir immer Personalknappheit. Aus dem Grund mussten wir den Schlussstrich ziehen und unser Restaurant nun schließen.

Um auf das ursprüngliche Thema Maschenweiten wieder zurückzukommen: Nun sind wir bei 75 Millimeter angekommen, mit denen wir gerade arbeiten. Also wir haben Netze zwischen 70 und 110 Millimeter. Bei 110 Millimeter gehen aber wirklich nur noch große Fische rein, das ist dann viel Arbeit für wenig Fisch. Also wir nutzen 70 bis 80 Millimeter Maschenweite, die sind so nachhaltig, dass wir überhaupt keine kleinen Fische mehr fangen können, selbst wenn wir wollten.

Wenn einer von den kleinen Fischen Pech hat, zum Beispiel wenn er rein schwimmt und ihm genau eine Masche ins Maul gelangt und sich so vertüdelt, dann nehmen wir ihn, die Handschuhe tragen und an Bord quasi wie ein Arzt gekleidet sind, holen ihn vorsichtig raus und setzen ihn ins Wasser zurück.

Ich bin nebenbei auch noch Aquarianer, ich weiß also wie man mit Fischen umgeht, um die am Leben zu erhalten. Laut EU-Recht dürfen wir das übrigens gar nicht, also wenn wir einen kleinen Fisch zurück ins Meer setzen, verstoßen wir quasi gegen EU-Recht. Wir müssen also eigentlich alles mitnehmen. Das sind dann die so genannten BMS-Fänge, also nicht für den Verzehr geeignet. Zynisch gesagt, finde ich, weil jemand wohl die goldene Idee hatte, die kleinen Fische mitnehmen zu müssen, um die sogenannten Aquakulturen unterstützen zu müssen. Da wird also Futter für die Fische draus gemacht.

Das Problem dabei ist, ich habe nicht grundlegend etwas gegen das Mitnehmen dieser Biomasse, nur wurde da grundsätzlich ein Fehler gemacht. Man hat Schleppnetzfischerei und Stellnetzfischerei, wie wir das betreiben, gleichsetzt.

Bei Stellnetzfischerei sind die Fische nicht gestresst und lebensfähig, bei den Schleppnetzfischern häufig nicht. Denn die Fische werden in den Netzen stundenlang geschleppt und sind völlig gestresst und am Ende da drin. Und das finde ich sehr problematisch, dass man da ein Paket draus macht.

In welchem Gebiet betreibst Du Fischerei und wie?
Unser Hauptbrot verdienen wir mit Stellnetzen. Unser Fanggebiet erstreckt sich in der Kieler Förde von Wendtorf bis zum Schönberger Strand bis hin nach Lippe. Wir haben auch Fischfallen, die zurzeit noch in Entwicklung sind, die als Alternative zu den Stellnetzen dienen sollen. Bei diesem Projekt unterstützt uns auch der NABU, da es ja auch bei den Stellnetzen ungewollten Beifang gibt.

Zudem arbeiten wir auch mit einer Strandwade. Das ist im Prinzip ein Schleppnetz, aber ein ganz vorsichtiges. Das Netz wird ganz langsam ausgelegt mit dem Boot, vom Strand aus gibt es dann eine Zugleine und dann wir dieses ganz sachte per Hand reingeholt. Also es wird nicht brachial durchs Wasser gerissen, sondern ganz vorsichtig.

Was ist das Problem mit Schleppnetzen?
Ja es ist schon eine gewisse Vernichtung des Grundes zu spüren. Egal ob man nun Rollengeschirr oder einen Kettensack, oder wie sie alle heißen, nutzt. Also wir machen schon immer vorsichtige Fischerei, also Stellnetzfischerei. „Stille Fischerei“ nennt man das ja auch. Wir nutzen auch Langleinen, das ist so eine Verkettung von Angelhaken, so 100 bis 2000, 3000 Haken, die dann ausgelegt werden.

Also jedes Fanggerät hat so seine Vor- und Nachteile, das muss man so sagen. Ob das jetzt das Schleppnetz ist, oder das Stellnetz oder sogar die Langleine. Da hat man festgestellt, wenn man die zu lange auslegt, dass man damit tatsächlich Vögel während des Fluges fangen kann. Also da muss man tatsächlich aufpassen, dass die Leinen relativ schnell im Wasser verschwinden.

Geht manchmal ein Netz verloren?
Wir wissen ja, wo unsere Netze sind und wir nehmen immer alle wieder mit. Im Frühjahr habe ich selber ein sogenanntes Geisternetz gefunden, das wurde angespült. Ich habe es ausgegraben und entsorgt, das war eine harte Arbeit, aber das ist eben Kunststoff. Und ich finde das einfach furchtbar, es wird immer mehr mit Plastik gearbeitet. Und wenn man Kunststoffen arbeitet, muss man auch sehr auf diese Acht geben. Ich habe das auch gerade auf Facebook geteilt, dass man nichts außer seiner Fußspuren am Strand hinterlassen sollte.

Welche Fische fängst Du?
Wir fangen momentan und eigentlich das ganze Jahr über hauptsächlich Scholle, leider nur als Beifang Dorsch. Ansonsten ist es saisonabhängig Steinbutt und Glattbutt. Im Juni und Juli, wenn die Ostsee warm wir, kommt noch die Makrele dazu, ganz selten ist auch mal ein Aal dabei. Aber die Brotfische sind Scholle und Dorsch. Also vor allem Scholle. Dem Dorsch geht es gerade nicht so rosig. Da sind klimabedingt zwei Jahrgänge ausgefallen.

Fischt Du das ganze Jahr über?
Im Januar und Februar lassen wir die Fische in Ruhe und fischen nur ganz selten.

Wieviel Fischt fängst Du?
Ich kann meine Quotenzuteilung nennen, die beträgt: sechs Tonnen für Scholle, 0,7 Tonnen für Dorsch und 100 Kilo für Heringe. Das muss man so regeln, wie es passt. Ich habe mal angefangen mit über drei oder vier Tonnen, am 1. April 2001, dann wurde es immer weiter runtergebrochen.

WEITERLESEN
www.fischvomkutter.de/kalifornien.html

www.kulinarische-probstei.de/index.php/restaurants-top-eintrag/ladengeschaefte/item/fischereibetrieb-meyer

Anmerkung der Redaktion: Das Gespräch wurde aufgezeichnet am 11.06.2021. Zur besseren Lesbarkeit wurde das Interview teilweise gekürzt, strukturiert und redigiert.